"Payback" oder "Warum gebt ihr euer Geld nicht einfach mir?"

Es ist endlich soweit! REWE wird demnächst auch Payback akzeptieren. Hurra!

Endlich ist die Supermarktkette, bei der ich bisher ganz gerne einkaufte, auch so weit, dass sie Payback-Karteninhabern Rabatte beim Kauf gewährt. Schade nur, dass ich mir jetzt wohl überlegen muss, wo ich in Zukunft einkaufen gehe. Diese ganzen Bonussysteme sind nämlich großer Rotz. Und die große Masse von unmündigen Payback-Karteninhabern sollte wohl mal Kant lesen oder zumindest die Augen öffnen.

Aber fangen wir doch mal von vorn an: was ist dieses Payback und wie funktionieren eigentlch diese Bonussysteme?

Bei praktisch allen Supermärkten, die eine Form von Bonussystem haben, bekommt man beim Bezahlen an der Kasse eine Form von "Guthaben" gutgeschrieben; das können Aufkleber, Stempel auf einer Pappkarte oder eine Art Kontostand auf einer Art Chipkarte sein.

Von diesem Guthaben kann man sich später Produkte zu einem "reduzierten Preis" kaufen, das Geld wohltätigen Organisationen spenden oder weiß der Kuckuck. Man bekommt also suggeriert, dass man für seine Treue belohnt werde, indem man Punkte gegen Boni tauschen kann.

Bei Payback ist das noch ein wenig anders, hier muss man nicht einer bestimmten Supermarktkette treu sein, diese Seuche hat schon viel größere Kreise gezogen.

Bis hierher hörte sich das Märchen ganz nett an, oder? Jetzt kommt der Teil, wo man sein Gehirn benutzen muss.

Man sollte, wenn man etwas "geschenkt" bekommt nämlich ab und zu mal nachdenken und Fragen wie "Warum machen die das?", "Woher kommt das Geld für die Geschenke?", "Was sind die Folgen dieser Systeme?" und "Was kann ich tun?" stellen.

Warum machen die das?

  1. Die meisten Treue-Bonus-Programme machen das, um dem Kunden zu vermitteln: es wird belohnt, wenn du oft bei uns einkaufst! Magst du nicht wieder bei uns einkaufen? Kaufe doch bitte wieder bei uns ein! Kauf gefälligst bei uns ein. Einkaufen! Bei uns! Geh wo anders hin und wir bringen in deinem Namen kleine Kätzchen um!
  2. Die Supermärkte wollen Umsatz machen. Das macht man, indem man dem Kunden verkauft, was der Kunde will. Dazu muss man wissen was der Kunde will. Das findet man heraus, indem man den Kunden überwacht. So wird bei der geliebten Stammkundschaft mit dem Rabattsystem erfasst, was der Kunde wann kauft.
    Bei den kleinen Systemen findet das pro Markt statt. Payback ist anders. Hier wird ein marktüberspannendes Gesamtportrait des Kunden erfasst. Payback weiß nicht nur, wann und was du kaufst, wieviel und wann, sondern auch wo.
  3. Die Supermärkte sind Wohlfahrtsorte und Payback ist eine gemeinnützige Organisation. Gemeinsam haben Sie zum Ziel das Einkaufen einfacher zu machen.
    Nicht? Oh, stimmt. Payback und die Supermärkte sind profitorientierte Kapitalistische Unternehmen. Die machen das weil sie irgendwie Geld daran verdienen. Was mich zur nächsten Frage bringt.

Woher kommt das Geld für die Geschenke?

  1. Es gibt wohlwollende Unternehmen und Stiftungen, die für viele verschiedene Ideen und Institutionen Geld geben. Aber mit all dem haben Supermärkte und Payback nichts zu tun. Die sind doch nicht so blöde und schenken Euch was. Nein! Ihr zahlt das alles. Ihr finanziert die Firma Payback GmbH:
    In der Regel sind die Produkte in teilnehmenden Märkten nämlich teurer. Ihr bezahlt also erstmal mehr als anderswo. Macht aber nix. Ihr bekommt ja einen TEIL dessen, was IHR BEZAHLT zurück.
    Die Boni werden Euch in der Regel erst ab einer Mindesteinkaufsmenge gewährt. Wenn Ihr so gemein seid, und weniger kauft, behält der Supermarkt den euch zustehenden Bonus einfach.
  2. Zumindest bei Payback gibt es noch eine andere "tolle" Regelung: Wenn Ihr die Euch zustehenden Boni nicht einlöst, werden diese in Karma-Punkte umgewandelt. Im Klartext: die Punkte verfallen nach einer gewissen Zeit. Ach, was rede ich da. Die Punkte sind bares Geld, und Geld verfällt nicht einfach so. Dieses Punkte-Geld geht direkt an Payback. Ihr habt also eine Spende an das ausbeutende Unternehmen getätigt. Gratulation. Karma und so.
  3. Das macht alles nix, letzten Endes bekommt Ihr ja was dafür. Ihr bekommt für Eure tollen Punkte ja was geschenkt! Habe ich geschenkt geschrieben? Mein Fehler. Ihr könnt für die Punkte Produkte gegen Zuzahlung erhalten. Das sieht wie folgt aus: Es gibt dann für die dämlichen treudoofen Kunden spezielle Produkte, z.B. eine Bratpfanne. Die kostet in der Produktion vielleicht 10€. Der Supermarkt gibt sie Euch für umgerechnet 15€ in Payback-Punkten, wenn Ihr 15€ zuzahlt. Und nur dann. Ihr zahlt also auch hier nochmal und Euch wird dabei mit dem Argument der Exklusivität eingeredet, dass Ihr spart.

Was sind die Folgen dieser Systeme?

  1. Sehr viele Supermarktketten haben mittlerweile schon Rabattsysteme.
    Für jedes müsst Ihr eine Chipkarte, Stempelkärtchen, Aufkleberhefte oder sonstwas mit Euch rumschleppen. Ich habe gerade in meine Geldbörse geschaut und habe - oh weh mir! - schon zwei solcher Rabatt-Pappen.
  2. Einkaufen wird komplizierter.

Früher lief das mal so:
Supermarkt besuchen. Produkte in den Korb legen, zu Kasse gehen, bezahlen.

Fertig.

Heute läuft das so:

Einmalig: Paybackkarte beantragen, Formular ausfüllen, Formular abgeben. Karte bekommen und in die Geldbörse stecken. Ganz einfach.

Bei jedem Einkauf: Supermarkt besuchen, genug Produkte sammeln, um Boni zu bekommen, zur Kasse gehen, bezahlen, richtige Rabattkarte aus den Dutzenden raussuchen und vorzeigen/stempeln lassen/Aufkleber in Heft kleben.

ab und zu: wenn genug Aufkleber/Stempel/Payback-Punkte gesammelt sind, diese gegen Bonusprodukte tauschen. Und bloß keine Punkte "verfallen" lassen!

  1. Beim "Genuss" der Payback-Werbung fiel mir gestern auf: Die bewerben da doch tatsächlich den Vorteil, dass man beim Bestellen der Payback-Karte noch tolle Kundeninformationen frei Haus bekommt. Ich übersetze das mal: Ihr bekommt NOCH MEHR WERBUNG hinterhergeworfen! Herzlichen Glückwunsch!

Was kann ich tun?

  1. Wenn Dich das nächste mal die süße Kassiererin im Supermarkt fragt, ob Du die Treuepunkte haben möchtest, sagst du freundlich: "Nein Danke, ich bin nicht so der treue Typ" - Wenn das jeder machen würde, kämen die Supermärkte relativ schnell zu der Erkenntnis, dass die Kunden nicht total blöde sind und würden das Rabattsystem einstellen.
  2. Wenn Dich das nächste mal der Kassierer fragt, ob du eine Payback-Karte hast, sagst du einfach freundlich "Nein, habe ich nicht, meine Daten gehen den Konzern nix an" - am besten so, dass der nächste Kunde dies auch hört.
  3. Geht doch mal woanders einkaufen. Im Viertel gibt es bestimmt auch einen netten Einzelhändler oder Biomarkt. Da zahlt Ihr zwar auch mehr, aber Ihr bekommt auch sofort etwas dafür: Qualität. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Statt in immer den gleichen Supermarkt zu gehen, wo man Euch ausnimmt und Euch bestraft, wenn Ihr zu wenig kauft, könntet Ihr Euch auch angewöhnen, mal auf den Markt zu gehen und Produkte aus der Region zu kaufen. Da gebt Ihr vielleicht auch mehr aus, aber das Geld geht an die Bauern aus dem Umland und nicht an einen großen Konzern. Und wenn es schon ein Supermarkt sein muss, dann wechselt auch mal ab und zu! Da gibt es auch neues zu entdecken, wovon Euch Euer Lieblingsmarkt abhalten will!
  4. Am wichtigsten: Hirn benutzen! Ich zitiere nochmals Kant: "Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen."

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